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Erbrechtskanzlei Papenmeier

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht



Gemeinschaftliches Testament und Erbvertrag

Mit einem gemeinschaftlichen Testament oder einem Erbvertrag kann die Erbfolge unter mehreren Beteiligten bindend geregelt werden. Ein gemeinschaftliches Testament kann nur von Ehegatten1 oder eingetragenen Lebenspartnern nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz2 errichtet werden. Einen Erbvertrag erfordert hingegen keine besondere Beziehung zwischen den Vertragsparteien. Er kann insbesondere auch von nichtehelichen Lebensgefährten geschlossen werden.

Bindungswirkung beim gemeinschaftlichen Testament

Ein gemeinschaftliches Testament von zwei Ehegatten ist bindend, soweit es wechselbezügliche Verfügungen enthält. Wechselbezügliche Verfügungen sind solche Verfügungen, die eine Ehegatte nur deshalb getroffen hat, weil der andere Ehegatte eine andere Verfügung als eine Art "Gegenleistung" getroffen hat.3 Ob eine wechselbezügliche Verfügun vorliegt, ist im Einzelfall durch Auslegung des Testaments zu ermitteln. Dabei handelt es sich um eine Arbeitsmethode, die Juristen als Handwerkszeug lernen. In bestimmten Fällen stellt das Gesetz eine Vermutung auf, dass eine letztwillige Verfügung wechselbezüglich ist. Und zwar vereinfacht dann, wenn sich die Ehegatten gegenseitig oder nahestehende Personen bedenken.4 Ein Beispielsfall liegt darin, dass die Ehegatten sich zunächst gegenseitig bedenken und nach dem Tod des Letztversterbenden ein Abkömmling bedacht sein soll. Verstirbt der Abkömmling vor dem überlebenden Ehegatten, dann gelten nach § 2069 BGB seine Abkömmlinge als Ersatzberufene. In diesen Fällen will die Rechtsprechung allerdings die Vermutung der Wechselbezüglichkeit nach § 2270 Absatz 2 BGB nicht anwenden.5 Solange beide Ehegatten leben, kann ein Ehegatte seine wechselbezüglichen Verfügungen gegenüber dem anderen Ehegatten in notarieller Form widerrufen.6 Nach dem Tod eines Ehegatten sind die wechselbezüglichen Verfügungen bindend.7 Der überlebende Ehegatte kann seine Verfügung jedoch aufheben, wenn er dasjenige ausschlägt, was ihm vom erstverstorbenen Ehegatten zugewendet wurde.8 Das kann insbesondere ein Erbteil oder ein Vermächtnis sein. Ändert der überlebende Ehegatte sodann sein Testament, kann dies die Nichtigkeit aller wechselbezüglichen Verfügungen zur Folge haben. Dieser Effekt soll nach der Rechtsprechung sofort mit dem neuen Testament eintreten und nicht erst, wenn der überlebende Ehegatte stirbt. Es soll auch nichts nützen, wenn der überlebende Ehegatte sein Testament später wieder aufhebt.9

Vertretung beim Widerruf eines gemeinschaftlichen Testaments

Probleme entstehen, wenn der andere Ehegatte geschäftsunfähig und testierunfähig ist. Dann stellt sich die Frage, ob für die Entgegennahme des Rücktritts ein Betreuer bestellt werden muss oder ob etwa auch ein Vorsorgebevollmächtigter die Rücktrittserklärung entgegennehmen kann. Diese Frage ist umstritten. Die (derzeit) wohl herrschende Meinung hält eine Betreuerbestellung für erforderlich. Das Landgericht Leipzig ist hingegen der Auffassung, dass der Widerruf gegenüber einem Vorsorgebevollmächtigten genügt.10 Allerdings überzeugt die Begründung der Entscheidung den Leser eher davon, dass doch ein Betreuer erforderlich ist. Die Entscheidung war faktisch durch das Vormundschaftsgericht präjudiziert, weil sich dieses geweigert hatte, einen Betreuer zu bestellen. Wenn das Landgericht Leipzig die Beteiligten nicht "im Regen stehen lassen" wollte, konnte es gar nicht anders entscheiden. Das kann in anderen Fällen bei anderen Gerichten anders sein. Auch Vertreter der Ansicht, dass ein Vorsorgebevollmächtigter den Widerruf entgegennehmen kann, raten deshalb derzeit dazu, die Bestellung eines Betreuers zu beantragen.11

Ehescheidung

Lassen sich die Ehegatten nach der Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments scheiden, so sind die testamentarischen Verfügungen in der Regel unwirksam.12 Die Verfügungen bleiben jedoch wirksam, wenn der Erblasser sie auch für den Fall getroffen hat, dass die Ehe geschieden wird.13 Diese Ausnahme muss derjenige darlegen und beweisen, der sich darauf beruft. Nach Ansicht des OLG Dresden gilt dies auch für Erbfälle nach der Wende, wenn ein gemeinschaftliches Testament zu DDR-Zeiten errichtet worden ist und sich die Eheleute bereits zu DDR-Zeiten haben scheiden lassen.14

Berliner Testament

Was ist ein Berliner Testament?

Ein Berliner Testament ist eine spezielle Form eines gemeinschaftlichen Testaments. Zwei Ehegatten setzen sich gegenseitig zu Erben des jeweils Erstversterbenden ein. Der Überlebende setzt sodann die gemeinsamen Abkömmlinge zu seinen Erben ein. Die Abkömmlinge sind nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten enterbt. Sie könnten daher ihren Pflichtteilsanspruch geltend machen. Um dies zu verhindern, werden verschiedene Pflichtteilsstrafklauseln vorgeschlagen, durch die es für die Abkömmlinge wirtschaftlich uninteressant gemacht werden soll, den Pflichtteil nach dem Tod des Erstversterbenden einzufordern.

Sollten wir ein Berliner Testament errichten?

In einer typischen Ehe mit Vermögen unterhalb der Steuerfreibeträge kann das Berliner Testament passen. Sobald die Steuerfreibeträge überschritten werden, gibt es günstigere Gestaltungen. Sobald Kinder vorhanden sind, die nur von einem Ehegatten abstammen, passt das Berliner Testament regelmäßig nicht mehr. Dann ist regelmäßig eine Beratung erforderlich, um die individuellen Wünsche zu realisieren und Risiken zu minimieren.

Erbvertrag

Ein Erbvertrag kann nur vor einem Notar geschlossen werden.15 Der Erbvertrag kann neben erbrechtlichen Regelungen auch sonstige Regelungen enthalten. In bestimmten Gegenden Deutschlands werden von Notaren traditionell Erbverträge an der Stelle von gemeinschaftlichen Testamenten beurkundet. Überdies eignet sich ein Erbvertrag, wenn sich Erblasser binden wollen, die nicht verheiratet sind, insbesondere also für nichteheliche Lebensgefährten. Sinnvoll kann ein Erbvertrag aber zum Beispiel auch dann sein, wenn ein Kind in erheblichem Umfang im Unternehmen der Eltern mitarbeitet.

Lesen Sie hier weiter, wenn Sie Hilfe bei der Errichtung oder Überprüfung Ihres Testaments benötigen.

Unterlaufen der Bindungswirkung

Spannend wird es, wenn der überlebende Ehegatte versucht, die Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments zu unterlaufen. Dazu gibt es legale und illegale Wege. Nach § 2287 BGB ist der überlebende Ehegatte daran gehindert, sein Vermögen zu verschenken, um den Vertragserben zu beeinträchtigen. Die Rechtsprechung stellte dazu die Formel auf, dass der überlebende Ehegatte ein lebzeitiges Eigeninteresse haben muss. Dieses wurde z.B. für eine Schenkung von 140.000 € an die pflegende Person bejaht.16 Verneint wurde das lebzeitige Eigeninteresse hingegen, wenn der Hauptzweck der Schenkung darin bestand, das Testament zu korrigieren.17

Diese Fälle sind immer schwierig. Sie erfordern eine sorgfältige Arbeit am Sachverhalt. Gern gebe ich Ihnen meine Einschätzung im Rahmen einer Erstberatung.
1 § 2265 BGB.
2 § 10 Absatz 4 Satz 1 LPartG.
3 § 2270 Absatz 1 BGB.
4 § 2270 Absatz 2 BGB.
5 OLG München, Beschluss vom 20.04.2010 - 31 Wx 83/09 - ZErb 2010, 157.
6 § 2271 Absatz 1 Satz 1 BGB, § 2296 Absatz 2 BGB.
7 § 2271 Absatz 2 Satz 1 BGB.
8 § 2271 Absatz 2 Satz 2 BGB.
9 BGH, Urteil vom 12.01.2011 - IV ZR 230/09 - ZErb 2011, 139.
10 LG Leipzig, Beschluss vom 01.10.2009 - 4 T 549/08 - ZErb 2009, 360 = NJW-Spezial 2010, 71.
11 Keim, ZEV 2010, 358 (360).
12 § 2077 Abatz 1 Satz 1 BGB.
13 § 2077 Absatz 3 BGB.
14 OLG Dresden, Beschluss vom 10.09.2009 - 3 W 673/09 - ZEV 2010, 257.
15 § 2276 Absatz 1 Satz 1 BGB.
16 OLG Hamm, Hinweisbeschluss v. 17.07.2023 - I-10 U 60/21.
17 OLG Saarbrücken, Urteil vom 22.06.2022 - 5 U 98/21.

Erbrechtskanzlei Papenmeier

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht Dr. Thomas Papenmeier